Was tun, wenn mein Baby schreit?
Für Babys gibt es keinen stärkeren Weg, sich mitzuteilen. Während Neugeborene noch vergleichsweise wenig schreien, nimmt die Dauer des Schreiens in den ersten Wochen nach der Geburt zu. Im Alter von sechs Wochen erreicht sie ihren Höhepunkt. Dabei unterscheiden sich die Babys erheblich. Die einen schreien viel und durchdringend, die anderen wenig oder zaghafter.
Ein schreiender Säugling versetzt seine Umgebung in Alarmbereitschaft und veranlasst die Eltern, die Ursache des Schreiens zu beheben. Am Anfang ist es jedoch nicht immer leicht zu erkennen, warum dein Baby schreit. Hat es Hunger oder Schmerzen, ist es müde oder möchte es Kontakt? Du lernst aber schon in den ersten Wochen nach und nach, die typische „Schreisprache“ deines Kindes zu verstehen und entsprechend darauf zu reagieren.
So viel ist klar, wenn dein Baby schreit, benötigt es in jedem Fall Unterstützung. Es ist sein stärkstes Signal für Belastung und Unbehagen.
Jedes 5. Kind schreit übermäßig viel. Für Schreibabys gilt die 3er – Regel: Schreibabys schreien mehr als drei Stunden am Tag, an drei Tagen in der Woche, über mindestens drei Wochen. Meistens endet dieser Horror nach drei Monaten.
Vielleicht kennst du diese Situation: Was immer du auch tust, dein Kind beruhigt sich nicht. Es ist zum Verzweifeln, für das Kind ebenso wie für dich. Du gerätst unter Druck und fängst an, alle möglichen Arten des Tröstens auszuprobieren: vom Wippen auf dem Gymnastikball über Schaukeln zur Musik,
vor die Waschmaschine legen, den Föhn anschalten bis hin zur Autofahrt um
den Block. Auch wenn diese Methoden dein Kind für einen kurzen Moment beruhigen, muss es immer mehr zusätzliche Reize verarbeiten. Letzten Endes nimmt das Schreien damit nur zu. Denn auch, wenn vorerst eine Beruhigung eintritt, passiert es, dass sich diese Überstimulation des unreifen kindlichen Gehirns zu einem späteren Zeitpunkt in Form von Schreien entlädt. Bewahre deshalb Ruhe, so gut es geht, und handele nach dem Motto „Weniger ist mehr“.
Der Herzschlagrhythmus eines Erwachsenen ist der passende Takt, um ein Baby zu beruhigen. Atme tief ein und aus, gehe mit dem Kind langsam auf und ab. Rede mit ihm, fasse seine Gefühle in Worte und sage ihm, dass du alles daransetzen wirst, um sein Unwohlsein zu beseitigen.
Wenn du weißt, dass dein Kind gesund und satt ist, ihm warm genug ist und es keine Schmerzen hat, kannst du ihm helfen, sich selbst zu beruhigen, indem du ihm stufenweise immer mehr Trost anbietest. Zeig ihm zunächst dein Gesicht und sprich ruhig mit ihm. Wird es nicht ruhiger, lege ihm eine Hand auf den Bauch. Hilft auch das nicht, fasse seine Arme oder Füße und führe sie behutsam in seiner Körper- mitte zusammen. Auf jeder Stufe verweile einen kleinen Moment. Erst wenn alles nichts hilft, nimm dein Baby auf den Arm. Ist dein Baby allerdings sehr aufgelöst, solltest du es gleich aufnehmen und zum Beispiel sanft wiegen. Bleibe bei einer Art, es im Arm zu halten. Ein schneller Wechsel überfordert das Baby leicht.
Wie kann man Reizüberflutung vermeiden?
• Reduziere den Geräuschpegel am Tag – schalte das Radio oder die Musik aus
• Fernsehen überreizt das unreife kindliche Gehirn eines Babys natürlich auch
• Nimm dir am Tag nicht zu viele Termine vor – ein Termin oder eine Verabredung am Tag genügt
• Ein Tagesrhythmus mit vielen Pausen hilft immer wieder einen Teil des Tages zu verdauen
• Nimm dir Zeit für ungeteilte Aufmerksamkeit im Spiel mit dem Baby
• Feste Rituale zum Einschlafen erleichtern den Übergang vom Wachsein zum Schlafen
• Ruheinseln am Tag schaffen, z. B. Babymassage
Die Stunden, in denen dein Baby schreit sind oft sehr belastend. Du fragst dich vielleicht: Was mache ich falsch? Du bist enttäuscht, weil du dir die Zeit mit deinem Baby nach der Geburt ganz anders vorgestellt hast. Vielleicht hast du zudem ein erhebliches Schlafdefizit, denn diese leicht aus der Ruhe zu bringenden Babys neigen zu kurzen Nickerchen. Sie finden oft nur schwer in einen längeren Schlaf und brauchen länger, bis sie einen ausgeglichenen Rhythmus zwischen Wachsein und Schlafen entwickeln.
Dann mischen sich bei dir möglicherweise Gefühle der Erschöpfung, der Hilflosigkeit und des Versagens. Ein Teufelskreis kommt in Gang. Je mehr dein Baby schreit, desto angespannter bist du selbst. Die eigene Anspannung löst beim Baby häufig noch mehr Stress und Schreien aus.
Was für alle Eltern gilt, gilt für Eltern von einem stark schreienden Säugling besonders: Hole dir Unterstützung bei deinem Partner, Großeltern oder Freunden. Versuche die Abläufe, die bei dir oder bei deinem Kind am Tag Stress erzeugen, zu verändern. Beobachte daher besonders sorgfältig, wann und in welcher Situation dein Kind dir erste Anzeichen von Belastung signalisiert.
Wenn du das Gefühl hast überfordert zu sein oder unter dem Verlust der innigen Verbundenheit zu deinem Kind zu leiden, sollte das Anlass sein, dir dringend Hilfe zu suchen. Auch wenn dein Kind nicht unter die o. g. 3er – Regel für Schreibabys fällt, sondern es subjektiv beurteilt zu viel schreit, quengelt oder zu unruhig ist, solltest du nicht zögern, dir professionelle Unterstützung zu holen. Sich hilflos und unfähig zu fühlen bei einem exzessiv schreienden oder auch ständig quengelnden Baby, kann allen Eltern widerfahren: alt, jung, arm, als Paar, allein, in allen Kulturen und Bildungsschichten.
Meike Kollmeyer