Schreibabys

3 Minuten

Beraten lassen

Erkennen Sie sich und Ihr Kind

in diesen Fragen?

Warum weint, schreit und quengelt mein Kind so viel?
Warum ist mein Kind so unruhig?
Wie kann ich mein Kind beruhigen?
Woher weiß ich, dass mein Kind mich nicht ablehnt?
Was kann ich tun, wenn ich so eine Wut auf mein Baby habe, dass ich es schütteln könnte?
Wie können wir alle mehr Ruhe und Entspannung finden?
Wie kann ich mein Baby halten, wenn es so gestresst und überstreckt ist?

Kindliches Schreien ist ein wichtiges kommunikatives Signal, das Babys aussenden,
um ihr Bedürfnis nach Schutz und Bindung zu zeigen. Sofort löst es in den Bezugspersonen ein Fürsorgebedürfnis aus und lässt die Alarmglocken läuten: Der Stresspegel steigt!

Wenn ein Baby schreit, wollen wir es still – machen.

Denn wir spüren, dass das Schreien uns „an die Nieren geht“. Wir können nicht anders als uns darum zu kümmern. Das tun Eltern dann auch, allerdings meistens mit eher zuviel als zu wenig Aktivität. Eltern fühlen sich verunsichert und der eigene Stress kann sich dann zum Beispiel in schnellem Wiegen entladen. Das Zuviel an Aktivität führt dann nicht selten zu einer Überstimulation, d. h. Überreizung des Säuglings.

Das Interpretieren und Eingehen auf das Schreien ist jedoch nicht immer so leicht, besonders am Anfang.

Lächeln, Quengeln, Schreien – mit diesen Äußerungen kann das Baby schon ganz viele seiner Fähigkeiten einsetzen, um räumliche Nähe und emotionale Sicherheit durch die Bezugsperson zu erreichen.
Das Schreien gehört also zum Sicherheitssystem des Säuglings und wird aktiviert, wenn er sein eigenes Sicherheitsbedürfnis bedroht sieht. Dies führt unmittelbar zum Fürsorgeverhalten der Bezugsperson, die mit Aufnehmen, Wiegen, Streicheln, Singen, etc. reagiert,
bis die Bedürfnisse des Babys nach Nähe und Sicherheit befriedigt sind. Sobald es sich geschützt und sicher fühlt, wird das System deaktiviert.

Doch woher wissen Eltern, was ihrem Baby fehlt?

Es muss, um nach der Geburt mit sich in der neuen Welt zurechtzukommen, völlig umlernen und vieles von Grund auf neu lernen: atmen, Hunger- und Sättigungsgefühl kennen lernen, verdauen, seine Temperatur regulieren, sich gegen die Schwerkraft bewegen, mit viel größerer Bewegungsfreiheit und anderen Sinneseindrücken, vor allem mit übermäßig starken visuellen und akustischen Reizen umgehen.

Zur Regulation seiner biologischen und emotionalen Bedürfnisse ist das Kind angewiesen auf Erwachsene, die ihm Sicherheit, Geborgenheit und Nähe garantieren und lernen, sein Schreien bald zu lesen: Hat mein Kind Hunger? Möchte es eine Trinkpause für das Aufstoßen machen?  Soll ich kein Gemüse mehr essen? Hat es Bauchweh? Möchte es schlafen? Langweilt es sich? Hat es eine volle Windel? Ist es wund? Ist ihm kalt? Oder soll es ruhig schreien, weil das gut für die Lungen ist?

Glücklicherweise hat die Natur dafür gesorgt, dass nach einer komplikationslosen Geburt die erste intensive Kontaktaufnahme, wenn das Baby auf dem Bauch der Mutter liegt, bereits zu einer großen Ausschüttung des Bindungshormons Oxytocin führt. Das Baby beginnt aktiv zur Brustwarze zu robben und diese mit dem Mund zu suchen, um dann daran zu saugen. Dies führt zu einer noch größeren Ausschüttung des Bindungshormons und einem Polster an Glücksstoffen, die helfen, die ersten stressigen Wochen der Rundumbetreuung des neuen Familienmitgliedes zu überstehen. Dies ist das Startkapital für das neue Unternehmen Familie: die intuitive elterliche Kompetenz! Damit treten Eltern in innigen Kontakt: Sie verändern die Stimme, ahmen die Babylaute nach und tauschen mimische Grußbotschaften aus. Die Kinder senden lesbare Signale aus und die Eltern lernen rasch, diese zu lesen.

Eltern, die aufmerksame Wachzustände bei ihrem Kind zur Kontaktaufnahme nutzen, helfen den Babys ihre Befindlichkeit, ihr Verhalten und ihre physiologischen, sensorischen, affektiven, motorischen und aufmerksamkeitsbezogenen Prozesse zu regulieren. Positive Bindungserfahrungen ermöglichen dem Kind eine gute Entwicklung, Vertrauen in sich selbst, Autonomieentwicklung, Lernbereitschaft, eine ausgeglichene Emotionalität und gutes Angst- und Stressmanagement im weiteren Leben.

Jedes  5. Kind aber schreit übermäßig viel. Für Schreibabys gilt die 3er – Regel: Schreibabys schreien mehr als drei Stunden am Tag, an drei Tagen in der Woche, über mindestens drei Wochen. Meist endet dieser Horror nach drei Monaten.

So viel Schreien bedeutet maximaler Stress für die Eltern und führt dazu, dass sie alles versuchen, um das Kind zur Ruhe zu bringen. Manchmal tun sie des Guten zu viel: sie stillen das Kind bis es überläuft, sie wiegen heftig und sie führen zu noch größerer Unruhe durch rasch wechselnde Aktivitäten. Wenn ein unzufriedenes Baby und ein erschöpfter Erwachsener Tag und Nacht zusammenleben, führt das leicht zum Teufelskreis einer negativen Gegenseitigkeit. Das Baby sendet keine lesbaren Signale mehr aus und die Eltern finden die Lesebrille nicht dazu.

Selbst Eltern mit feinfühligem Verhalten sind dann nicht mehr in der Lage, das sehr unruhige Verhalten ihres Babys richtig zu lesen.

Aus der anfänglichen Hilflosigkeit der Eltern kann schnell aus Ohnmacht geborene Aggression werden. Die Zeitungen sind voll mit Berichten über tragische Kindesvernachlässigungen und –misshandlungen.

Vor allem das Gefühl, als Eltern überfordert zu sein oder unter dem Verlust des der innigen Verbundenheit zum Kind zu leiden, sollte Eltern Anlass sein, sich dringend Hilfe zu suchen. Auch wenn ihr Kind nicht unter die o. g. 3er – Regel für Schreibabys fällt, sondern es subjektiv beurteilt zu viel schreit, quengelt oder zu unruhig ist, sollten Eltern nicht zögern, sich professionelle Unterstützung zu holen. Sich hilflos und unfähig zu fühlen bei einem exzessiv schreienden oder auch ständig quengelnden Baby, kann allen Eltern widerfahren: alt, jung, arm, als Paar, allein, in allen Kulturen und Bildungsschichten und bedeutet unter Umständen eine Lebensgefahr für das Baby.

Geschichten

Eine gut situierte Familie

Die ältere Schwester ist acht Jahre alt. In der Beziehung der Eltern kriselt es. Das Baby soll die Beziehung kitten. Es ist nach normaler Schwangerschaft gesund geboren und schreit exzessiv. Die Mutter sucht öfter den Arzt auf, aber lässt sich zuhause nicht entlasten. Im Nachhinein ist klar: Aus Scham über den Unfrieden zwischen dem Paar durfte niemand in die Familie hinein.

Das Baby wird stundenlang mit dem Föhn versucht zu beruhigen. Die Mutter ist völlig verzweifelt über das stundenlange Schreien, lehnt aber auch weiterhin Hilfe ab. Das Kind wird nun durch ständiges heftiges Schaukeln, welches in Schütteln übergeht, versucht zu beruhigen. Nach drei Monaten wird es ruhiger. Die Eltern bringen es jetzt auf Anraten des Arztes in eine Krankengymnastik-Praxis. Das Kind nimmt keinen Blickkontakt auf. Es entwickelt sich mit erheblicher Verzögerung. Es ist jetzt ein schwer geistig behindertes Kind. Bei den Eltern kommt es zum Scheidungskrieg. Die Ursache für die Behinderung ließ sich nicht klären, vermutet werden kann die Auslösung durch Schütteln mit kleinen Einblutungen ins Gehirn.

Kind einer jungen Mutter mit einer vorbestehenden Depression, die starke Medikamente nehmen muss

Seit der Geburt ist die Mutter unsicher, ob ihr Kind sich normal entwickelt. Sie versorgt ihr Kind regelrecht, hält es aber verkrampft und kann seine Signale nur leicht verzögert beantworten, was dazu führt, dass das Kind auch den Blick abwendet und untröstlich schreit. Das Baby zeigt wenig Reaktionen und eine starre Körperhaltung. Bei einem ersten Gespräch in der Beratungsstelle wird eine sensorische Integrationstherapie in einer Praxis für Ergotherapie empfohlen. Dort wird durch gezielte Förderung der Wahrnehmung bei Mutter und Kind eine lebendigere und stabilere Interaktion in Gang gebracht.

Schon nach wenigen Therapiestunden wächst das Selbstvertrauen der Mutter, sie findet Freude an ihrem Kind und das Kind entwickelt sich nahezu altersgemäß. Um die gefährdete Bindung und Entwicklung in den wichtigen ersten drei Jahren zu fördern und zu unterstützen, wird professionelle Begleitung angeboten.

Kind einer fröhlichen, emotional sicheren Mutter und eines Vaters, der sich sehr auf sein drittes Kind gefreut hat.

Geburt durch Kaiserschnitt. Sehr unruhiges, viel schreiendes Kind, welches es der Mutter schwer macht, es so zu lieben wie ihre anderen Kinder und sie fragt sich nach dem Grund. Bei der Untersuchung des Babys zeigen sich eine Kopffehlstellung und eine Überstreckung, die zu übergroßer Wachheit und Angespanntheit des Babys führt. Nach einer Atlastherapie und neurophysiologischer Behandlung nach Bobath tritt Entspannung ein und eine gute Entwicklung des Babys beginnt. Die beiden älteren Kinder reagieren auf die überlasteten, ständig mit dem neuen Familienmitglied beschäftigten Eltern mit Eifersucht und Wutanfällen. Das Problem der zunehmenden Belastung durch das unruhige Baby führt auch zu wachsenden Spannungen zwischen den Eltern. Beratung in der Beratungsstelle und Unterstützung im häuslichen Umfeld bringt Entlastung für alle Familienmitglieder.

Drittes Kind einer Mutter mit einer während dieser Schwangerschaft ausgelösten Panikattacke, verbunden mit der Phantasie, sie könne ihr Kind nicht nähren.

Tatsächlich wird das Bonding durch forcierte Stillversuche in der Geburtsklinik gestört. Der Säugling schläft nach wenigen Schlucken an der Brust ein und gedeiht schlecht. Auch Flaschennahrung von der Mutter nimmt er nicht, beim Vater trinkt er besser. Das Trinkverhalten des Kindes und das Fütterverhalten der Mutter, sowie die Interaktion werden mit Hilfe von Videoaufnahmen in der Beratungsstelle genau beobachtet. Die anschließende Aufarbeitung der Schwangerschaftsphantasien in mehreren Gesprächen hilft die Trinkverweigerung des Babys zu beenden und die Mutter zur positiven Beschäftigung mit dem Kind anzuregen. Darüber hinaus wird der Mutter geholfen, sich zu entlasten und die Nachbarin in die Betreuung einzubinden, wenn es ihr selbst schlecht geht. In einer Beratung zur sensorischen Integration werden Anregungen zur Verbesserung der Wahrnehmung und Interaktion von Mutter und Kind gegeben.

Achtjähriges Mädchen mit einer erheblichen Lernstörung, Aufmerksamkeitsdefiziten und Selbstwertproblematik.

Die Mutter berichtet von den Belastungen, die schon sehr früh einsetzten, weil das Kind ein Schreibaby war.

Alle Beispiele zeigen:

Frühes Eingreifen hilft eine gute vertrauensvolle Bindung des Kindes an die Eltern herzustellen.
Wir von der Babyambulanz – Von Anfang an haben den Elternkurs SICHERER HAFEN entwickelt. Bereits bevor das Kind geboren wird, können Paare sich auf ihr zukünftiges Elterndasein vorbereiten, ihre möglichen Ängste benennen und sich auf die Geburt und die Zeit danach einstellen. Sie können rechtzeitig lernen, sich auf einen neuen „Beruf“ vorzubereiten, der ihnen viel abverlangt, aber auch ungeheuer viele Glücksmomente schenken kann und mit dem sie sich als Erwachsene auch noch viel weiter entwickeln können und sollen, als sie vorher ahnten.

Solange diese Kurse noch nicht überall angeboten werden, sollen junge Eltern nicht zögern, Zeichen der Erschöpfung und Verzweiflung richtig zu deuten und nach Kraftquellen zu suchen, die ihnen helfen, ehe ihr Akku ganz leer ist. So ist es sinnvoll, sich gut mit anderen bereits vor der Geburt zu vernetzen, um sich gegenseitig zu helfen zum Beispiel durch Nachbarn, Tagesmutter, etc.. Was in Afrika gilt, trifft auch auf unsere Babys zu: Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen! Wenn Eltern imstande sind, sich selbst Gutes zu tun, hilft das ihrem Baby. Mit mehr Ruhe, Struktur und Regelmäßigkeit unterstützen sie der Regulationsfähigkeit ihres Babys am besten.

Doch gibt es auch Babys, die schreien und quengeln aufgrund von Körperwahrnehmungsstörungen, die durch rasche fachkundige Diagnostik erkannt und behandelt werden können.

Den Eltern wird dringend zur Abklärung geraten, ob bei ihrem Baby ein KISS – Syndrom, eine neurologische Auffälligkeit oder eine Verdauungsstörung vorliegt. Nach komplizierten Geburten ist Osteopathie oder Babymassage eine gute Möglichkeit, Spannungen abzubauen. Bei stärkeren Tonusstörungen sind, möglichst früh einsetzende neurophysiologische Behandlungen hilfreich. Eine Förderung der Wahrnehmung und Interaktion kann die sensorische Integrationstherapie bewirken. Sie können Unterstützung finden in einer möglichst interdisziplinären Beratungspraxis oder in psychosomatischen Tageskliniken.
Wichtig ist es, bei einer so schweren und rund um die Uhr anhaltenden Belastung nicht zu zögern, sich rechtzeitig kompetente Hilfe zu holen und damit echte Prävention von schweren Schäden zu treiben.