Kleine Wutzwerge

Einen kleinen Wutzwerg*in zuhause zu haben kann ganz schön anstrengend sein. Aber ohne elterliche Hilfe kommen Kinder nicht mit einem Wutausbruch zurecht. Kinder brauchen Trost, Ablenkung und die Gefühle müssen einen Namen bekommen.Das hilft ihnen ihre Gefühle regulieren zu lernen.

Damit ein Kind seine Gefühle zunehmend selbst erkennen und regulieren kann und nicht davon abhängig ist, dass jemand es wieder „runterbringt“, muss es Selbstregulation lernen. Als ersten Schritt lernt das Kind, die Gefühle zu benennen. Dann weiß es irgendwann, dass es sich z. B. anders anfühlt, wenn man traurig ist, als wenn man wütend ist.

Die Sprache ist also unser Werkzeug, um Gefühle „unter Kontrolle“ zu bringen. Indem wir Gefühle mit Sprache verknüpfen und darüber reden können, machen wir sie kontrollierbarer.

Wenn das Kind zunehmend Selbstregulation lernt, dann kann es sie in manchen Situationen schon anwenden. So kann es z.B. mal kurz abwarten bis es das bekommt, was es möchte, ohne gleich auzurasten. In anderen Situationen reicht die Selbstregulation aber vielleicht noch nicht aus und das Kind wird von den Gefühlen geradezu überrollt. Ob die Selbstregulation ausreicht kann auch von der Tagesform, den vorherigen Erlebnissen am Tag und dem aktuellen körperlichen Zustand abhängig sein.

Alle Eltern kennen solche Situationen, in denen das gleiche Ereignis an einem Tag einen riesigen Wutanfall auslösen kann, während das Kind am anderen Tag darüber hinweggeht und nicht groß darauf reagiert. Vielleicht hatte es an dem einen Tag nicht gut geschlafen, war gerade hungrig oder hatte sich vorher mit dem Freund gestritten? So dass nicht genug Ressourcen übrig waren zur Selbstkontrolle.

Wut ist ein Ausdruck von Frustration des Kindes und damit ein legitimer Affekt.

Es ist wichtig, dass die Eltern die Beziehung nicht abbrechen und keine Drohung aussprechen. („Wenn du böse bist, hat dich Mama nicht mehr lieb und lässt dich allein.“)

Kinder lernen erst mit der Zeit ihre Affekte/Wut zu regulieren. Gefühlsregulation ist die Entwicklungsaufgabe von Kindern in den ersten fünf Lebensjahren.

Im zweiten Lebensjahr wird sich das Kind zunehmend bewusst, dass es ein eigenständiges Wesen ist. Mit dem Einsetzen der Selbstwahrnehmung erhält es auch einen eigenen Willen, möchte ihn durchsetzen und muss erleben, dass es ihm nicht immer gelingt.

Trotzanfälle sind normal und wichtig. Sie sind Ausdruck von viel Kraft und Lebensenergie. Trotz ist der Versuch seine Spannung zu regulieren. Die Aufgabe von Eltern ist es, diesen inneren Zustand des Kindes nachzuvollziehen und ihn empathisch zu begleiten. Sie sollten es vor Verletzungen schützen (es z. B. festhalten, wenn es mit dem Kopf auf den Boden schlägt), aber auch sich selber schützen (z. B. vor Tritten oder Bissen) und das Mobiliar schützen. Am besten man fasst seine Gefühle kurz in Worte und sagt dann, dass man nun abwartet bis die Wut vorbei ist. Die Eltern geben dem Kind somit zu verstehen, dass sie es nicht verlassen, aber auch nicht nachgeben. Wenn man ein Kind auf den Arm nimmt, ihm gut zuredet und es liebevoll streichelt verstärkt oder verlängert sich der Trotzanfall häufig.

Erfahrungsgemäß ist es am sinnvollsten, wenn man das Kind in Ruhe lässt und abwartet bis die Wut vorbei ist. Wenn die Kinder aber den Körperkontakt suchen, sollte er ihnen selbstverständlich gewährt werden.

Die „Wutkurve“ steigt in der Regel steil an, erreicht einen Höhepunkt und fällt dann mehr oder weniger rasch ab. Dies ist ein Ablauf, der sich kaum steuern oder unterbrechen lässt. Nur manchmal gelingt es das Kind frühzeitig abzulenken und für ein anderes Spiel o. ä. zu interessieren, wenn man schon vorausahnen kann, dass die Wut im Anmarsch ist.

Das Kind soll lernen, dass Wut ein lebenswichtiges Gefühl ist, das zu ihm gehört und mit dem es lernen muss umzugehen und sich mit der Zeit immer besser zu regulieren.

Meike Kollmeyer